Sonntag, 18. November 2012

Zeitungsartikel für die Freiwillige Feuerwehr Nauborn

Für die Feuerwehrzeitung der Freiwilligen Feuerwehr Nauborn habe ich folgenden Artikel geschrieben:

Wie versprochen in dieser Ausgabe, für diese Zeitung das erste mal ein internationaler Artikel aus Tansania. Seit nun rund vier Monaten bin ich in Dar es Salaam und unterrichte die Jugendlichen des Dogodogo Centres im Brandschutz. Die SchülerInnen und Lehrer haben mich sehr herzlich aufgenommen. Vier Mal in der Woche üben die rund 30 Jungen und drei Mädchen den Umgang mit feuerwehrtechnischem Gerät. Ich werde durch eine Lehrerin unterstützt. Einmal in der Woche werden die Fahrzeuge sowie das Gebäude der Feuerwehr geputzt, da der Sand ansonsten die Geräte beschädigen würde. Zu meinen Aufgaben hier vor Ort zählt nicht nur die Ausbildung der Jugendlichen sondern auch die Pflege der Fahrzeuge und Geräte, die sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Das Material ist nicht mehr neu und braucht daher entsprechend viel Pflege. Leider fehlen ab und zu die Mittel, um Geräte schnell zu reparieren. Dann muss man auf die benötigten Ersatzteile warten.
In den vergangenen Wochen haben wir Regale gebaut, um eintreffende Ersatzteile und das feuerwehrtechnische Material besser und übersichtlicher lagern zu können. Bis dahin lagen die Teile auf dem Boden eines alten Überseecontainers.
Das Dogodogo Centre hat seit dem 25.10.2012 eine 12-köpfige einsatzbereite Gruppe, um Feuerwehraufgaben auf dem Gelände übernehmen zu können. Zur Einrichtung dieser Gruppe kam es allerdings erst, nachdem ein Gras- und Buschfeuer auf dem Gelände den Unterrichtsgebäuden zu nahe gekommen ist. Zwar konnte schlimmeres verhindert werden, jedoch wurde allen Verantwortlichen wieder bewusst wie gefährlich Feuer ist. Die Schüler, die nachts aus ihren Betten gerufen wurden, löschten in Fliopflops und teilweise in Unterwäsche die Flammen. So etwas soll nun nicht mehr passieren.
Die ausgerüsteten Jugendlichen üben zusätzlich einmal die Woche den Ernstfall. Zu diesem Zweck wird auf dem Gelände ein Übungsfeuer gelegt und es wird überprüft wie schnell die Informationsweiterleitung funktioniert. Leider gibt es hier kein Alarmsystem. Zwei Schüler sind damit beauftragt, im Brandfall, die Lehrerin und mich zu informieren. Wir kommen dann an die Feuerwehr, um diese zu öffnen.
Nach den Prüfungen Mitte November verabschieden wir alle Schüler, die das zweite Lehrjahr absolviert haben. Zu den Prüfungen gehört nun auch eine Feuerwehrprüfung. Geprüft wird dabei nicht nur theoretisch. Die Schüler müssen, nach ihrer Einzelleistung auch noch zeigen wie gut sie wirklich mit dem Material umgehen können.
Am Ende bekommen dann alle Schüler eine Urkunde, die das freiwillige Engagement anerkennt und die Schüler für ihre Leistung in der Feuerwehr lobt.
Im neuen Schuljahr, das im Januar beginnt, werden das erste Mal auch sogenannte „Pumpoperator“ ausgebildet, die besondere Schulungen erhalten und dabei den Umgang mit der Pumpe des Löschfahrzeuges, sowie dem Aggregat und dem hydraulischen Rettungsgerät erlernen sollen. Dadurch versuche ich meine Rolle in den Übungen weiter zu reduzieren, denn im Moment muss ich immer noch die Pumpe bedienen. Der Rest der Jugendlichen wird nach einem neuen Lehrplan ausgebildet, der Richtlinien und Ausbildungsziele festlegt. Dadurch soll die Qualität des Unterrichts weiter gesteigert werden. Der Koordinator des Multipurpose Training Centres hat mir auch schon nahe gelegt, ich solle die Schüler mehr Prüfen und schlechte oder unmotivierte Schüler rauswerfen. 

Die Schülerinnen und Schüler sind zum größten Teil Straßenkinder, die aus den Dörfern der Umgebung in die Stadt gekommen sind, um ein besseres Leben zu führen. Dort angekommen, haben sie gemerkt, dass das Leben in der Stadt keineswegs einfacher ist und würden teilweise sehr gerne wieder zu ihren Familien. Andere Kinder wurden aber auch von ihren Eltern geschlagen und wollen gar nicht mehr nach Hause. Hier kam bis vor einiger Zeit das sogenannte „Drop In“ des Dogodogo Centres ins Spiel. Die Straßenkinder hatten dort eine Anlaufstelle, um Essen zu bekommen. Dafür wurde ihnen das Betteln verboten. Wenn die Kinder regelmäßig gekommen sind, gab es für einige dann die Möglichkeit ins MTC nach Bunju zu kommen. Anderen wurde die Heimreise ermöglicht. Leider musste das „Drop In“ wegen eines finanziellen Engpasses schon schließen. Nun sind also die ehemaligen Straßenkinder zu Schülerinnen und Schülern des MTC geworden. Einige von Ihnen klauen noch, andere sind einfach nur schwierig im Umgang und dann gibt es noch die, die sich richtig reinhängen. Diese gilt es dann zu fördern. Sie wollen lernen und auch arbeiten. Denn nach der Ausbildung bekommen die Schülerinnen und Schüler nicht nur das Examen der anerkannten Organisation Veta verliehen, sondern auch jeder sein Handwerkszeug. Die Schneider eine Nähmaschine, die Schreiner einen Werkzeugkoffer und die Multimediakünstler reisen gemeinsam los in die Hotels und Clubs, um sich zu präsentieren. So können alle beginnen ihre eigene Existenz aufzubauen. Vielleicht sogar in dem Ort aus dem sie kamen, vielleicht aber auch wo anders, um von vorne anzufangen.
Was hat das alles mit den Prüfungen in der Feuerwehr zu tun? Nur die motivierten Schülerinnen und Schüler dürfen am Feuerwehrunterricht teilnehmen. Nur die, die auch wirklich arbeiten, um gut zu sein. Denn die Feuerwehr bedeutet für die Schülerinnen und Schüler nicht nur, dass sie die Möglichkeit haben Feuer auf dem Gelände zu löschen, vielmehr fördert die Ausbildung, die einen sehr militärischen Stil hat, die Entwicklung eines eigenen Charakters. Sie fördert das Gefühl für Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit. Und außerdem gibt es hier, 35 km von Dar es Salaam entfernt, keine Möglichkeiten den Nachmittag kostenfrei anders zu organisieren. So dient die Feuerwehr also auch als Beschäftigungsprogramm, um nicht die ganze Zeit vor dem kleinen Fernseher im Essenssaal sitzen zu müssen. Wer nun also die Prüfungen der Feuerwehr nicht besteht, darf nicht mehr am Feuerwehrunterricht teilnehmen. Damit fallen diese ganzen Vorzüge der Feuerwehr weg.
In den Ferien, die für mich am 23.11.2012 beginnen, werde ich zusammen mit anderen Freiwilligen beginnen Ausbildungsunterlagen in verschiedenen Sprachen zu erstellen, um so den Lehrern zu ermöglichen sich vor dem Unterricht ausführlich vorzubereiten. Am 23.11.2012 werden alle Schülerinnen und Schüler mit ihren Veta Examen und Nähmaschienen oder Werkzeugkoffern verabschiedet. Die Multimediaklasse führt Tänze vor und die Feuerwehr präsentiert ihr schnelles und zuverlässiges Vorgehen im Brandfall. Ich bin mir sicher, dass die Jugendlichen hier mittlerweile gut genug sind, um den Privatfeuerwehren oder auch der Berufsfeuerwehr Dar es Salaam zu zeigen wo der Hammer hängt.
Gestern hatten wir eine Übung, die aus aus einer Wasserentnahme, Personenrettung und Brandbekämpfung bestand. Ich bin begeistert von der Geschwindigkeit und der Ordnung, die beim Aufbau dieser Übung herrschten. Von außen sieht es nach Gewusel aus, doch es weiß jeder, was zu tun ist.

Wir benötigen Ihre Hilfe!


Ich sprach vorhin den finanziellen Engpass an. Auf diesen möchte ich noch einmal eingehen. Das MTC kostet pro Jahr zwischen 80.000 und 100.000 Euro. Dieses Geld muss durch Spenden erworben werden. Einer der Hauptsponsoren ist abgesprungen und so klafft nun ein großes Loch in der Finanzierung. Die Regierung des Landes zahlt keinen Cent für das Projekt, da der Sinn darin leider nicht gesehen wird. So hoffen wir alle, dass sich Sponsoren finden damit das Centre nicht geschlossen werden muss. Ich merke den Engpass schon in der Feuerwehr. Mein Diesel wurde gekürzt, so können wir nicht mehr zu jeder Übung mit dem großen Truck fahren. Außerdem ist die Finanzierung des Dogodogo Centres ab Januar nicht mehr gesichert und wir benötigen dringend Spender, um das Centre vor einer Schließung zu bewahren.
Haben Sie Interesse zu spenden und somit meine Arbeit und die Jugendlichen zu unterstützen? Dies können Sie auf zwei Wegen tun. Einmal über das angegebene Fenster im Blog. Der Erlös der Spenden, der über die entstandenen Kosten hinaus geht, geht ans Dogodogo Centre. Oder aber Sie kontaktieren mich per E-Mail unter philipp.kress@haw-hamburg.de.
Das Dogodogo Centre kann nur durch Ihre Hilfe weiterhin ein Zufluchtsort für die Kinder und Jugendlichen sein und ihnen eine neue und bessere Zukunft ermöglichen.
Jede Spende zählt!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen